Einfach genial. Genial einfach. Einfach mal los.
Als Frederik 1996 geboren wurde, fuhren schon seit 20 Jahren Yamahas dicke Einzylinder durch aller Herren Länder. Dass die Faszination für Yamahas Allzweck-Klassiker auch die Millenials mit voller Wucht erwischen kann, erzählt er uns aus erster Hand.
Bilder: Martin Hass
Muss man mal machen: Einen klassischen Roadtrip.
Los in die skandinavischen Länder, solang es noch frisch ist im neuen Jahr. Auch als Student kann man nicht reisen wann man will und etwas herausfordernd sollte es auch sein – das kleine Abenteuer auf zwei Rädern. Bei 20 Grad kann jeder. Die richtige Klamotte macht es möglich.
Einfach mal Stille. Dafür hat sich jede Minute der Vorbereitung und jeder Meter des Weges gelohnt.
Student und unterwegs. Den Schraubenschlüssel immer am Mann. Was ist da los?
Frederik Nelson Fuhrmann – danke, dass Du deine Story mit uns teilst.
Wir kennen Dich schon von einigen coolen Veranstaltungen, wie dem Scrambler Fever in Polen oder dem Classic Offroad Festival in Wietstock. Erzähle uns mal von Dir.
Freddy: Ja, das ist wahr. Hauptsächlich bin ich abseits der Straße und nur mit zwei Takten unterwegs. Mit meiner Yamaha DT250 MX von 1978 und einer Bultaco Frontera 370 von 1976 bin ich gern bei so mancher Veranstaltung dabei. Meist bei Classic Enduro Wettbewerben oder dem genannten Scrambler Fever. Bislang bin ich davon auch nur schwer weggekommen und nur sehr selten auf der Straße unterwegs.
Auch oder vor allem um das zu ändern, kam letztes Jahr der Wunsch nach einer SR500 auf. Ich wollte mich mal ohne Wartungsintervalle und die doch relativ umfangreiche Pflege der Geländesportmaschinen auf ein Motorrad setzen können und losfahren. Egal, ob alltägliche Wege, Ausfahrten oder Reisen.
Natürlich bin ich weiterhin im Gelände aktiv und wir werden uns in Zukunft bestimmt wieder im Dreck sehen. Dafür liebe ich die Freiheit, die man auf der Rennstrecke hat, sowie die Gesellschaft und Freunde viel zu sehr.
Was macht für dich den Spaß an der simplen SR500 aus?
Freddy: Die SR ist für mich das Motorrad, wenn es darum geht, Zuverlässigkeit, pure Technik und Stil zu vereinbaren. Nicht umsonst wurde sie von 1978 bis 1999 mit fast unverändertem Motor gebaut. Danach gab es die SR noch als 400er, aber Einspritzung und Abgasreinigung haben zusätzliche Details und Leistungseinbußen gebracht. Die Einfachheit war vorbei.
Die SR500 der Jahre bis 1999 besticht durch die simple Konstruktion und den klassischen Auftritt.
Es gibt keinen unnötigen Schnickschnack, man kommt von A nach B und hat während der Fahrt noch Zeit, seine Umgebung wahrzunehmen.
Die SR ist nicht mehr und nicht weniger als ein einfaches Motorrad. Ein „Brot und Butter Moped“ hätte man wohl früher gesagt und genau das macht für mich den Reiz aus.
„Sie ist schlicht, aber schön. Nicht schnell und nicht langsam. Zuverlässig und verhältnismäßig leicht instand zu halten.“
Was machst Du im echten Leben und wie kamst Du zum Motorrad?
Freddy:
Mittlerweile studiere ich im vorletzten Semester Maschinenbau und schraube in meiner Freizeit an meinen Motorrädern.
Nach dem Abi bin ich 2015 nach Hamburg gezogen, um Musik zu studieren, genauer gesagt: Schlagzeug.
Technik hat mich schon immer interessiert und so kam es dazu, dass ich mir einen Golf 2 zum Restaurieren gekauft habe. Mein erstes Auto.
Als das Projekt abgeschlossen war, wollte ich etwas Praktikableres für die Stadt. So kam ich 2017 zu einer Simson S50 N. Sehr baufällig, versteht sich. Von der Technik fasziniert habe ich mehr und mehr Zeit in der damals noch bestehenden Motorrad Selbsthilfe Altona verbracht und die Simson wieder fahrbar geschraubt. Mittlerweile nennt sich die Firma „Motorrad Service Altona“. Ein purer Dienstleister – markenoffen – ohne die Möglichkeit der Selbsthilfe, aber sehr zu empfehlen.
Aus der privaten Schrauberei ergab sich bald ein Aushilfsjob bei der MSA und später mein Ausbildungsplatz zum Zweiradmechatroniker Fachbereich Motorradtechnik.
Schnell kam der Wunsch nach mehr Leistung und einem richtigen Motorrad auf. Also: Fahrschule, Motorrad kaufen, losfahren.
Mit meiner Honda NTV habe ich die ersten Kilometer glücklich bestritten, bis ich – einen Tag vor meiner ersten geplanten Motorradreise zum Bodensee – von einem telefonierenden BMW-Fahrer abgeräumt wurde.
Die Bilder hat Martin Hass gemacht.
Der Unfall war für mich medizinisch nicht dramatisch, aber der Traum, mit meinem Motorrad weitere Strecken zurückzulegen, war erst mal ausgeträumt.
Glück im Unglück: So kam ich immerhin zu meiner ersten Yamaha. Die für 200 Euro erstandene FZR 600 3HE lief, brachte Spaß und mich zur Arbeit, weite Strecken damit zu fahren, war jedoch undenkbar.
Durch die Ausbildung in Altona und den engen Kontakt zum Fahrwerksspezialisten „DS-Suspension“ hatte ich die Möglichkeit, den Motorradrennsport auf dem Asphalt und im Gelände kennenzulernen. Dadurch motiviert fiel der Fokus dann auf Motocross und Geländesport.
Nach dem Abschluss der Ausbildung und etwas Arbeitserfahrung hat es mich immer weiter in die Theorie hinter Motoren, Fahrwerken und Maschinen gezogen, sodass ich mich trotz meines eher bescheidenen Abiturs auf ein Maschinenbaustudium bewarb. Das hat funktioniert und während des Studiums habe ich weiterhin gerne als Werkstudent in Hamburg oder meiner neuen Heimat an der Ostsee als Mechaniker gearbeitet.
Warum fährst Du als junger Mensch so auf klassische Motorräder ab?
Freddy:
Würden das meine Freunde beantworten, wäre die Antwort wahrscheinlich, ich sei im falschen Jahrzehnt geboren. Vom Lifestyle, der Musik und der Technik finde ich mich eher in den 70er und 80er Jahren des letzten Jahrhunderts wieder. Das Gefühl von Sehnsucht, wenn man den Film „On Any Sunday“ zum hundertsten Mal anschaut. Der Geruch, wenn der luftgekühlte Motor unter einem auf Betriebstemperatur kommt.
Vor allem, was die Technik angeht, finde ich die damalige Haltung zum eigenen Motorrad und auch Auto sehr erstrebenswert. Die Möglichkeit, am eigenen Fahrzeug zu arbeiten und nicht auf Plastik zu starren. Handbücher, in denen dem Besitzer simplere Wartungstätigkeiten bis hin zur Ventilspielkontrolle erklärt werden.
Klar, es war damals nicht alles großartig und das Schrauben am eigenen Fahrzeug war nötig, aber den Gedanken, sich erst selbst zu helfen, bevor man eine Werkstatt aufsucht, finde ich gut.
Die alten Mopeds erzählen eine Geschichte und haben Charakter. Ob es die Relevanz des Modells für die nachfolgenden Entwicklungen des jeweiligen Herstellers oder aber auch die fahrzeugspezifische Geschichte ist.
Meine SR kommt zum Beispiel aus Costa Rica!
Was würdest Du Leuten raten, die sich auch für eine SR500 interessieren? Worauf ist beim Gebrauchtkauf zu achten?
Freddy:
Man sollte wissen, was man will. Dass eine SR500 nicht den Komfort einer fabrikneuen MT07 oder Ténéré bietet, sollte klar sein. Auch sollte man sich bewusst werden, dass die SR500 den Anspruch an den Besitzer stellt, interessiert an ihrer Funktionsweise zu sein. Gerade deshalb würde ich jedem der beginnen möchte, Motorräder zu verstehen, zu einer SR raten. Die Informationsdichte zu den 500er Modellen von Yamaha ist unerschöpflich. Videos, Bücher, Foren und Stammtische findet man nach kurzer Suche und falls was zu Bruch geht, gibt es fast alles an Ersatzteilen und Optimierungsmöglichkeiten.
Das gerade Gesagte leitet über zum Gebrauchtkauf. Der Markt für gebrauchte SR ist groß im Vergleich zu anderen Fahrzeug-Typen und es finden sich viele Bastelbuden. So ergibt sich auch
die Preisgestaltung. Heute noch eine SR500 mit Baujahr 1978-80 aus Erstbesitz mit geringer Laufleistung zu einem humanen Preis zu finden, gleicht dem Gewinn der Sonntagsziehung mit Superzahl. Eine gut abgehangene „Wanne“ findet man allerdings schon zu Einsteigerpreisen. Wenn man dann noch bereit ist, selbst Hand anzulegen, hat man mit etwas Zeit im Keller oder der Garage ein solides Moped.
Zusammenfassend sollte man bereit sein, zu schrauben oder schrauben zu lassen. Technisches Grundverständnis ist von Vorteil. Bei der Besichtigung ist die Kompression per Kickstarter zu prüfen und dabei am Endtopf zu lauschen. Wenn es da zischt, ist das Auslassventil krumm oder Ölkohle ‚drauf. Beides behebbar, muss man aber eben wollen. Falls das Motorrad fahrbereit ist, nach Möglichkeit die Ladespannung mit einem Multimeter kontrollieren. Ansonsten unterscheidet sich das Prozedere nicht großartig vom Kauf anderer Motorräder.
Wenn sie dann zuhause steht und laufen sollte, geht es ans Kicken üben mit der nötigen Resilienz, wenn es nicht beim ersten Mal funktioniert. Wie oft musste ich aus dem Werkstattfenster zusehen, wie SR und XT-Fahrer daran verzweifelten, ihr Motorrad anzuwerfen. Darunter leidet nicht nur der Fahrer, sondern vor allem der Motor, welcher sich bei falscher Nutzung der Starteinrichtung schmerzhaft zurückmeldet.
Wie tief gehst Du selbst in die Technik?
Freddy: Durch meine Ausbildung zum Motorradmechatroniker mache ich vom Reifenwechsel bis zur Getriebeinstandsetzung alles selbst. Lediglich das Bohren und Honen von Zylindern sowie das Verpressen von Kurbelwellen gebe ich an eine sehr nette Werkstatt in der Nähe ab.
Lackieren ist auch nicht gerade meine Stärke. Aber meine Mopeds sind eh schöner mit Patina.
Warum war es dir wichtig, noch mit einem Bein im Winter nach Norden zu fahren?
Freddy:
Skandinavien war oder ist immer noch eine Region, die leer und kühl am schönsten ist. Martin und ich haben auf unserem Weg durch Schweden und Norwegen quasi keine anderen Motorradfahrer gesehen, die Straßen waren bis auf ein paar Autos leer und Lkw gab es auch keine.
Mit dem Motorrad über kurvige Straßen an einem stillen See vorbei, auf dem ein Eisfischer nach einem Angelplatz sucht, oder in der Dämmerung an hell erleuchteten Skipisten, das war schon ein ganz besonderes Gefühl.
Wahrscheinlich wollte ich mir selbst auch beweisen, dass man mit einem Motorrad: 1. weit fahren kann, 2. wenn es nicht 20 Grad sind und es 3. nicht sofort in Rost zerbröselt, wenn die Straßen etwas salzig sind. Stimmt, als Mechaniker wird man vielleicht etwas komisch.
Aber das hat funktioniert und die Landschaft mit Schnee und gefrorenen Bächen war beeindruckend! Die 2400 Kilometer ohne Panne auch.
Wie sehr traust Du der SR500 die notwendige Zuverlässigkeit für eine Reise zu? Wie hast Du Mann und Maschine vorbereitet?
Freddy:
Ich habe die SR unter anderem aufgrund meiner Erfahrung mit dem Motorentypen ausgewählt. Der Motor ist unterm Strich so einfach aufgebaut, dass man fast alles am Straßenrand beheben kann. Er ist mit wenigen Handgriffen ausgebaut und man kommt an jedes Bauteil ‚ran. Diese Wartungsfreundlichkeit und mein Wissen darüber, dass diese Motoren auch mit einem Minimum an Kompression noch irgendwie laufen, hat mir eine Ruhe verliehen, mit der ich fast unbeschwert unterwegs war.
Obwohl ich wusste, dass der Motor schon einige Kilometer gefressen hat, habe ich technisch kaum etwas erneuert. Verschleißteile, wie den Kickstarteranschlag, habe ich allerdings getauscht und Lager auf übermäßiges Spiel geprüft. Der verbaute Trocken-Luftfilter wurde durch einen geölten TwinAir Schaumluftfilter ersetzt.
Frisches Motor-Öl gab es selbstverständlich auch erst mal.
Für den Fall der Fälle habe ich noch einige Extras mitgenommen:
– Einen Schlauch
– Ein Felgenband
– Alle Züge
– Zündkerze
– Viel Werkzeug
– Kettenfett
– Fühlerlehren
Für meinen Komfort habe ich noch eine Griffheizung verbaut und mir Thermo-Textil-Motorradbekleidung sowie Thermo-Unterwäsche besorgt. Für erfahrene Reisende wahrscheinlich ganz normal. Mich hat der Wirkungsgrad dieser modernen Klamotten umgehauen. Wirklich sinnvoll.
Zur Vorbereitung und zum Testen der Maschine bin ich aber schon im Februar des Öfteren bei -2 bis 2 Grad unterwegs gewesen.
Welche war deine aufregendste Tour und welche würdest Du in Zukunft noch fahren?
Freddy: Dadurch, dass die Reise nach Skandinavien meine erste richtige Motorradreise war, war es die bisher aufregendste Tour. Abgesehen von Rennveranstaltungen in Frankreich oder anderen Orten, bei denen man teilweise abseits der Strecke etwas vom Ort mit dem Motorrad erkundet hat.
In Zukunft würde ich gern mal mit der SR Richtung Süden! Nach unserer Routenänderung aufgrund von Eis und Schnee steht aber auch noch eine Reise ins nördlichere Skandinavien an.
Ein Traum wäre viel Zeit für eine Tour über Norwegen, Schweden, Finnland, Estland, Lettland und Litauen.
Mit der SR versteht sich.
Was die SR500 zum Kult-Motorrad gemacht hat, kann man auch bei unseren Freunden von nippon-classic.de nachlesen. Die Geschichte unseres Lieblings-Eintopfs ist hier sehr gut festgehalten.
Die einfache Konstruktion, die Vielseitigkeit und die zeitlose Erscheinung haben die SR500 unsterblich gemacht. Kein Motor wurde jemals so gut dokumentiert. Jedes Problem wurde schon einmal gelöst. Schwarmwissen, wie im Bucheli-Projekt, ist eine Riesenhilfe für alle Anfänger und auch alte Hasen.
Die Ersatzteilversorgung ist im Vergleich zu anderen Youngtimern wirklich spitzenmäßig. Nicht zuletzt auch durch den guten Gebrauchtteilemarkt und natürlich auch KEDO.de
Unser Webshop ist Quelle Nr.1 bei jeder SR Restaurierung. Wir sind ständig auf der Jagd nach nötigen Ersatzteilen, sinnvollem Zubehör und bieten in unserer Werkstatt auch fundierten Service zu Vergaser, Motor und Fahrwerk. Fragen? Probleme? Ruft uns an, schreibt uns an info@kedo.de
Traut euch ‚ran. Rettet eine SR500 oder XT500 und fahrt einfach los.
WARUM DAS ALLES?
Wer nach Inspiration zum Thema „Einfach losfahren“ sucht, dem empfehlen wir gerne einige Klassiker, die manche von uns schon vor Jahrzehnten zwanghafte Motorrad-Enthusiasten haben werden lassen:
Den Dokumentarfilm „On any Sunday“ von Bruce Brown aus 1971 und das Buch „Jupiters Fahrt“ von Ted Simon, der Anfang der Siebziger Jahre den Globus auf dem Motorrad umrundet hat. Auch und besonders inspirierend: Das Buch „Lone Rider: The First British Woman to Motorcycle Around the World“ der motorradreisenden Britin Elspeth Beard.
Es steckt viel Philosophisches im Leben mit dem Motorrad.